Aus Hemingwrite wird Freewrite

 

©  Astrohaus

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Noch bevor ich im März die Schreibmaschine für mich wieder entdeckte, war ich schon lange auf der Suche nach einer ablenkungsfreien Schreibmöglichkeit. Ich muss gestehen, ich bin ein schwacher Mensch – ich lasse mich all zu leicht von Internet, Facebook, E-Mail und Spielen von meiner eigentlichen Aufgabe – dem Schreiben eines Artikels – ablenken. Manchmal fällt das auch unter Recherchearbeit, um schnell einen Link gegenzuchecken, sich ein Lied von einer Band anzuhören oder den neuesten Filmtrailer anzuschauen. Und dann bleibt man hängen und die Arbeit liegen. Das war ziemlich frustrierend.

Und dann stieß ich im Dezember 2014 auf die Crowdfunding-Kampagne auf Kickstarter von Adam Leeb und Patrick Paul, die mit der Hemingwrite (eine Anspielung auf Ernest Hemingway) eben so ein Gerät für Leute wie mich entwickeln wollten. Und anscheinend gibt es Bedarf daran. (Was mich wiederum etwas beruhigt, weil es zeigt, dass ich nicht der einzige schwache Mensch auf dieser Welt bin.) Als Kampagnenziel waren 250.000 US-Dollar angestrebt, erreicht wurden jedoch 342.471 US-Dollar! Nun naht mit September 2015 der Auslieferungszeitpunkt der ersten Tranche.

©  Astrohaus

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Und Leeb und Paul haben anscheinend beschlossen, das Ding als Firma Astrohaus durchzuziehen – und der Maschine eine Namensänderung zu verpassen: Die Hemingwrite heißt nun Freewrite.

Die Freewrite sieht aus wie eine Schreibmaschine, die im 21. Jahrhundert angekommen ist. Also vom Design her – und weil es einen 6-Zoll-E-Ink-Bildschirm im Querformat statt Papier hat. Aber sonst kann das Ding nur eines: Schreiben. Damit empfängt man keine E-Mails, damit kann man auch keine Spiele spielen oder im Internet surfen. Man kann sich einfach nur aufs Schreiben konzentrieren.

Das Gehäuse ist aus robustem Aluminium – und es soll richtige Tastenmodule fürs Tippen geben. Die wichtigsten Funktionen lassen sich mit zwei großen Schalthebeln einstellen. Wie das zweite Bild schon zeigt, ist eine leichte Schräge drinnen, was mir wiederum sehr sympathisch ist. Der Akku reicht für vier Wochen plus, die Speicherkapazität bis zu einer Million Seiten. Ganz aufs Internet wird auch nicht verzichtet, mittels WiFi oder Bluetooth kann man Texte in der Cloud abspeichern. (Es gibt auch eine Möglichkeit, das mit USB zu erledigen.) Das war’s aber auch schon.

Ich war begeistert. Euphorisch. Genau das Ding, das ich will und brauche. Und ich wurde sogar ein Early-Bird-Backer. Um 369 US-Dollar wäre die Freewrite mein geworden (zum Vergleich: der Vorverkaufspreis beträgt aktuell 399 US-Dollar, der reguläre Preis im Handel wird 499 US-Dollar betragen!). Und ich sah mich schon auf einer Parkbank sitzen und tippen. Ich schrieb sogar einen Jubelbericht auf meinem Autorenblog – und damals  äußerte ich mich noch eher skeptisch über den Erwerb einer Schreibmaschine!

Doch dann kam der Kater. Natürlich verfolgte ich weiterhin die Entstehungsgeschichte, sah, wie die Crowdfundingsumme bei Weitem übertroffen wurde. Und freute mich auf das Ding. Aber langsam kamen auch Zweifel auf – und das hat auch mit den Videos zu tun, die Leeb und Paul veröffentlichten. Auf einmal sah ich, dass mir der Bildschirm einfach viel zu klein war. Für eine Zeile Geschriebenes auf der Schreibmaschine oder dem Computer scheint der Freewrite zwei bis drei Zeilen zu brauchen. Vielleicht spricht das die Generation E-Book an, ich bestehe aber auf meinem A4-Format.

©  Astrohaus

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Auch scheint es einen kleinen, für mich aber doch störenden Zeitunterschied zwischen Tippen und dem Erscheinen der Buchstaben auf dem Bildschirm zu geben. Da lobe ich mir doch die Schreibmaschine, bei der Buchstabe für Buchstabe auf Papier getippt wird. Da habe ich wenigstens sofort etwas Haptisches, mit dem ich auch den Umfang eines Buches oder eines Filmskripts einschätzen kann. Mit dem Freewrite muss ich quasi erst in der Nähe eines Druckers sein, um einen Druckbefehl ausführen zu können.

Und dann ist da auch noch die Sache mit der Cloud. Was mir als großer Vorteil angepriesen wird, ist mir einfach zu… larifari, zu schwindelig. Vielleicht bin ich paranoid, aber ich will meine Manuskripte nicht irgendwo in der Datenwolke abgespeichert haben. Zwar wird in den FAQ von Astrohaus beschrieben, dass es einen „clumsy“ (würde ich mal mit umständlich/ungeschickt übersetzen) Weg gibt, die Daten auf den Computer zu übertragen, aber der Weg über die Wolke ist anscheinend der bevorzugte Abspeicherungsvorgang von Leeb und Paul.

Und die Leichtigkeit, wie schnell das Synchronisieren der Dateien geht, wie in dem unten angeführten Video demonstriert wird, ist nichts für mich. Ich merke, ich bin nicht in der Materie drinnen, brauche Zeit, um das zu behirnen. Und dann kommt jemand und sagt: „Ach geh, das ist doch simpel. Einfach so, so und so – und schon ist es fertig“ – während ich geistig noch versuche, die Ordner zu identifizieren.

Das ist ungefähr so, als würde ich meine zweijährige Tochter neben mich zur Schreibmaschine setzen, ihr einen Satz zeigen, den mit erprobtem Zehn-Finger-System abtippen und sagen: „Schau, das kannst du jetzt auch.“

©  Astrohaus

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Das waren alles Punkte, die mein Engagement bei der Freewrite zurückschrauben ließen. Ja, ich stieg auch aus der Crowdfunding-Kampagne aus. Ich bin immer noch an dem Ding interessiert, aber ich will nicht blind in eine Sache investieren, bei der ich Zweifel habe.  Jetzt warte ich erst einmal die ersten Testberichte von Leuten ab, die das Ding auf Herz und Nieren überprüfen. Und ob tatsächlich der reguläre Verkaufspreis 499 US-Dollar (exklusive Versandkosten) betragen wird.

Rodja

INFO: www.astrohaus.com

In diesen Videos wird noch vom Hemingwrite gesprochen.

16 Gedanken zu „Aus Hemingwrite wird Freewrite

  1. Du wirst nicht nur nach dem Ausliefern der ersten Tranche die ersten Testberichte lesen können, sondern auch (mindestens) einen ausführlichen Testbericht in deutscher Sprache lesen können. 😉

    Und selbstverständlich bist Du jederzeit eingeladen, mal einen ausführlichen Live-Test durchzuführen, falls es Dich mal in den Norden von Deutschland verschlägt. Evtl. machst Du ja einfach mal ein Sightseeing-Wochenende in Hamburg, dann kannst Du Dich durch meine kleine Schreibmaschinen-Sammlung durchtesten und den Fremingwriter live und in Farbe ausführlich antesten.

    Deine Kritikpunkte sehe ich durchaus ähnlich. Wegen dem Display beispielsweise hatte ich zu Beginn (als das noch nicht so groß und bekannt war) einen recht intensiven Austausch per Mail mit Adam und Patrick. Auch hinsichtlich der Cloud-Sache, die ich übrigens ebenfalls für mich ablehne. Ich werde das Ding rein über USB benutzen. Und da verhält es sich 1:1 wie jeder handelsübliche USB-Stick. An einem Mac also einfach als externes Laufwerk. Dass die das als „clumsy“ beschreiben, ist einfach nur deren Begeisterung für die tolle Anbindung an x verschiedene (amerikanische) Cloud-Dienste zuzuschreiben. Ein USB-Kabel anzustöpseln und die Datei manuell vom Laufwerk auf den Mac zu speichern finden die Jungs eben total 2003 …
    … es auf einem Server eines Anbieters in den USA zu speichern, der dann totsicher irgendwann gehackt wird, ist dagegen total 2015. Naja.

    Ich habe mich ganz einfach dazu entschlossen, dass ich es haptisch erfahren will, ob mir das Ding zusagt, oder nicht. Wenn es mir nicht zusagt, dann sollte es eigentlich nicht so schwierig sein, das Ding zu einem akzeptablen Preis zu verkaufen. Wenn es mich am Ende ein paar Euro kostet, dass ich den Hemfreewriter ausprobieren konnte, dann werde ich damit leben können. Letztendlich habe ich die gleiche Entscheidung auch schon bei diversen Schreibmaschinen genauso gehandhabt.

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    • Da bin ich schon mal sehr gespannt. Ja, ich würde den/die/das Freewrite auch gerne ausprobieren. Aber momentan bin ich dann doch eher auf der Suche nach der perfekten Schreibmaschine. 😀

      Ich habe mir deine Site schon angeschaut. Bin gespannt auf die weiteren Reviews. Vor allem auf das Urteil über die Hermes Baby (die ich ja auch besitze).

      Wo im Norden Deutschlands lebst du?

      Du bist übrigens einer der wenigen deutschen Schreibmaschinen-Fans, die im Internet anzufinden sind. Vielleicht sollten wir uns auch mal vernetzen?

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      • Ich warne ausdrücklich vor einer Suche nach der perfekten Schreibmaschine!! Das wird eine sehr langwierige und mit der Zeit ggfs. kostspielige Sache.
        Je länger man sucht, um so weniger ist man bereit, einer Schreibmaschine – und sich selbst – genug Zeit zu geben, um sich zu bewähren und aneinander zu gewöhnen.
        Die perfekte Schreibmaschine ist aus meiner Sicht die, bei der man das Gefühl hat, das Schreiben ist eine angenehme und nicht zu anstrengende Sache. Also einfach eine gute Schreibmaschine, die Spaß macht und gefällt. Perfekt wird sie dann mit der Zeit dadurch, dass man sie nutzt und immer mehr mit ihr vertraut wird. Die Finger (und das Hirn) benötigen einfach eine gewisse Zeit.
        Die Illusion, man würde irgendwann DIE Schreibmaschine finden und es sofort wissen ist … nun ja … eine Illusion.

        Ich wohne in Hamburg – sorry, wenn das nicht so klar rüber kam.

        Was meinst Du mit „vernetzen“? Ich kann mir darunter aktuell noch nichts vorstellen?

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      • Das ist ja auch das Problem mit Schreibmaschinen. Man hat keine Vergleichsmöglichkeiten. Es gibt keinen Shop, in den man reingehen kann und mehrere Schreibmaschinen stehen nebeneinander zum Ausprobieren. Momentan habe ich sechs Stück, wobei die Hermes Baby, die Princess 300 und die Olympia Monica de luxe meine Favoriten sind. Die Olympia ist ein Arbeitsviech, die anderen habe ich für unterwegs. Und ich tippe gerne mit ihnen. Momentan reicht es auch, weil – wie du es gesagt hast – man sich ja auch mal eine Zeitlang mit ihnen auseinandersetzen muss, um zu sagen, ob’s passt oder nicht. Aber es gibt da noch immer einige Verlockungen… So eine klassisch schwarze Maschine wäre schon was Feines. Und auf deine Reviews bin ich schon sehr gespannt. (Arbeite gerade selbst an einer – wird in der Rubrik „… schreibt auf einer…“ veröffentlicht. Dort sollen auch mehrere meiner Bekannte ihre ganz persönlichen Reviews online stellen. Das läuft dann quasi unter den Titeln „Rodja schreibt auf einer Olympia Monica de luxe“, „Rodja schreibt auf einer Olympia Traveller C“, „Nicola schreibt auf einer Remington Noiseless“, etc., etc,.)

        Mit Vernetzen meine ich auch eher einen lockeren Verbund. So ähnlich wie die Typosphere. Georg Sommeregger hat so etwas für den deutschsprachigen Raum gemacht: http://schreibmaschinenfans.blogspot.co.at/ – Da erscheint dann immer jeder neue Artikel (rechts). Und falls mal in Hamburg ein Type In statt findet, könnte das so die Runde machen.

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      • Meine Warnung stammt aus persönlicher Erfahrung.

        Man will endlich mehr Zeit fürs Schreiben haben und weniger abgelenkt sein von Mails und Facebook und co.
        Also schafft man sich eine Schreibmaschine an.
        So weit, so gut.
        Und dann kauft man noch eine Schreibmaschine. Und noch eine.
        Man beginnt, viel Zeit im Internet zu verbringen – natürlich immer zum Thema Schreibmaschinen und somit ja irgendwie legitim. Oder?

        Irgendwann merkt man, dass man so beschäftigt ist mit Einkaufen von weiteren Schreibmaschinen und dem Putzen und Reparieren der bereits vorhandenen Exemplaren, dass man schon wieder fast keine Zeit mehr hat zum Schreiben. Wenn man dann auch noch einen oder mehrere Blogs führt, für die dann auch immer Typecasts geschrieben werden wollen, dann ist man im Grund wohl kaum einen Schritt weiter gekommen.

        Daher: So schwer das ist, die Sammelwut in Grenzen zu halten: Lieber zwei oder drei Maschinen haben, mit denen man zufrieden ist, als auf der ewigen Suche nach dem heiligen Gral der Schreibmaschinen sich selbst (bzw. den Autor in sich selbst) auf dem Weg fast (wieder) zu verlieren.

        Ich selbst habe einen Grossteil meiner Schreibmaschinen in den (trockenen!) Keller verbannt. Wenn es eines Tages so weit ist, dass ich in Rente gehe (das sind allerdings noch über 20 Jahre) dann kann ich sie wieder hervorholen, in Ruhe restaurieren und meinen Lebensabend via eBay finanzieren … Oder so ähnlich.
        Wie viele habe ich Keller? Sicher nochmal 15 oder auch ein paar mehr. Der eine oder andere Ersatzteilspender ist auch dabei.

        Die Schreibmaschinen, die quasi „die Perlen“ (teilweise aus rein persönlichen Gründen) meiner Sammlung sind, sind die sechs Maschinen, die ich auf meiner Seite vorstelle. Auf die will ich mich konzentrieren und alle Anderen bestmöglich ignorieren. (Wobei ich die Klagelaute meiner durchaus auch geliebten Erika 10 immer wieder deutlich hören kann – wenn ich also gewohnt inkonsequent sein werde, wird diese in absehbarer Zeit den Weg aus dem Keller wieder ans Licht finden …)

        Georg Sommeregger habe ich mal angeschrieben und ich habe nun seine Seite in meinem Blogroll und er hat meine Seite auch aufgenommen.
        Wenn ich sonst noch was machen kann, um eine Vernetzung voranzutreiben, dann gerne. Man müsste mir nur sagen, was genau ich machen soll. Ich habe bisher noch keine Blogs geführt, daher halten sich meine praktischen Erfahrungen in Grenzen.

        Dass in Hamburg jemals ein Type-in stattfindet wage ich kaum zu glauben. Aber wer weiss, wer weiss? Warten wir es ab.

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  2. Kleines Update: Leep und Paul haben über eine Verzögerung informiert.
    September war ja der anvisierte Auslieferungstermin, jetzt wurde „Winter“ als neuer Termin bekannt gegeben.
    Es wird wohl Dezember werden, so mal meine Prognose. Anscheinend gibt es aber eine Verbesserung gegenüber dem bisher vorgestellten/beschriebenen Modell. Was diese Verbesserung ist, wurde nicht bekannt gegeben, aber es sei etwas, was in Umfragen sehr oft als Wunsch genannt wurde. Daher kann es meiner Meinung nach nur eins von diesen zwei Dingen sein: a) grösseres Display b) Anschlußmöglichkeit für USB-Stick oder SD-Karte um dieses Cloud-Gedöns nicht nutzen zu müssen für Backups usw.
    Wenn die Jungs plötzlich mit einem 10″ display ankommen würden, wäre ich von den Socken. Das wäre eine tolle Überraschung, auf die sich das Warten dann auch wirklich gelohnt hätte.

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      • Eben. Ein zusätzlicher USB-Port würde kaum eine Verzögerung bis Winter verursachen. Und eigentlich sah es lange Zeit so aus, als würde alles rechtzeitig fertig. Sie sagen auch, alles sei im Lot, es seien keine unerwarteten Schwierigkeiten aufgetaucht, etc. Das bedeutet: sie müssen selbst eine Änderung auf den Weg gebracht haben, die ein paar Monate Verzögerung mit sich bringt. Und da fällt mir ausser einem grösseren Bildschirm kaum etwas ein.
        Ich praktiziere zweckorientierten Optimismus. 😀

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