Sie nannten ihn Badulai…

Wenn in den USA irgendein Jungspund etwas mit Schreibmaschinen macht – vor allem, wenn er von daheim in der Garage eine/n Reparaturwerkstätte/Shop betreibt, dann kommt schon mal ein Kamerateam vom örtlichen TV-Sender vorbei. Davon kann man hierzulande wohl träumen, darum muss ich wohl meinen Blog reaktivieren und ein bisschen die Werbetrommel für Philipp Munk aus Heilbronn rühren.

Philipp ist gerade mal 18 Jahre alt, hat gerade die Schule hinter sich gebracht und studiert. Und er ist das, was man einen Influencer in Sachen Schreibmaschine nennen könnte. Er betreibt unter dem Namen Badulai auf Youtube einen Kanal, wo er Schreibmaschinen vorstellt. Und natürlich ist er auch auf Instagram. Auf Discord betreibt er gemeinsam mit dem 24-jährigen heavy Schreibmaschinen-User Jonas Zaps ebenfalls einen Kanal. (Theoretisch bin ich dort auch Mitglied, aber Discord ist nicht so meins.)

Nun hat Philipp vor kurzem mit „Badulais Schreibmaschinen“ auch einen Shop und Reparaturservice eröffnet. Und was soll ich sagen? Das ist genau meins! Der Deutsche bietet Schreibmaschinen zu wirklich günstigen Preisen an (Verpackungs- und Versandkosten exklusive!). Und zwar zu solchen Preisen, die man auch gerne in Kleinanzeigen sehen würde. Das Besondere daran: Philipps Maschinen sind noch dazu serviciert, sodass sie sofort einsatzfähig sind. Ich muss sagen, da sind wahre Schnäppchen darunter.

Der Meister inmitten seiner Schreibmaschinen / © Thomas Munk

Angefangen hat Philipp mit dem Sammeln mit 14 Jahren. Unterstützt wird er dabei von seinem Bruder. „Den größeren Teil mache ich, aber mein Bruder hilft, wie er gerne sagt, im Einkauf“, erklärte Philipp auf Anfrage der Schreibmaschinisten. „Durch das Vier-Augen-Prinzip haben wir Kleinanzeigen fast 24 Stunden am Tag im Blick und kaum eine Maschine kommt an uns vorbei“, so der Heilbronner. „Anschließend bekommt jede einzelne Schreibmaschine von uns erstmal eine gründliche Reinigung und Reparatur. Das kostet mich zwar viel Zeit, aber es ja ein Hobby und ich habe auch meinen Spaß daran, die alte Mechanik zu verstehen und Schrauben so zu justieren, dass die Maschine dann am Ende perfekt schreibt.“

Bei dem Eingang an Schreibmaschinen müssen sich Philipp und sein Bruder aber auch von Maschinen trennen. „Es wäre ja auch schließlich schwer, circa 260 Schreibmaschinen oder mehr auf einmal zu lagern. Ich vermute, dass da die bereits sehr stark strapazierte Toleranz und Geduld meiner Eltern endgültig platzen würde. Zwar verkaufe ich sie mit nicht großem Gewinn, aber immerhin soviel, dass ich meine Sammlung selbst finanzieren kann“, so Philipp abschließend.

Philipp bietet aber auch noch andere Dienste an, wie eben Reparaturen, Schreibwalzen-Auswechseln oder ein generelles Schreibmaschinen-Service. Aber auch Accessoires wie neue Gummifüße, Farbbänder, Abdeckplanen oder Anti-Rutsch-Unterlagen kann man bei ihm erwerben. Und das zu Preisen, wie man sie selten oder sogar sonst nie vorfindet. Eine wirklich heiße Empfehlung.

Rodja

INFO: Badulais Schreibmaschinen: https://www.badulaisschreibmaschinen.de/

Tatwaffe Schreibmaschine. Der Fall eines Leserbriefschreibers in der DDR

Rodja Pavlik

Momentan lese ich gerade das Buch „Der Leserbriefschreiber – Tatwaffe ‚Erika'“ des deutschen Historikers Manfred Scharrer über Rudolph Winkler. Der Magdeburger fing 1961 an, in der DDR anonym kritische Leserbriefe mit einer Schreibmaschine der Marke Erika zu verfassen. Im Verlauf von fünf Jahren schrieb er 13 Briefe, die die Aufmerksamkeit der Stasi (Staatssicherheit) erregten. Die Behörde begann, nach dem anonymen Schreiberling zu fahnden.

Das Buch hat eine sehr persönliche Komponente: Winkler war der Schwiegervater von Scharrer. Und obwohl dieses Familienverhältnis bestand, musste Scharrer dem Vernehmen nach die Informationen selbst allein recherchieren, da sein Schwiegervater über diese damalige Zeit nicht sprach.

Das Buch kam 2005 heraus, der MDR brachte 2008 dazu den Radiobeitrag (heute würde man das wohl Podcast nennen) „Tatwaffe Schreibmaschine. Der Fall eines Leserbriefschreibers in der DDR“ – auch mit Interviewparts mit Manfred Scharrer. Den Beitrag fand ich zufällig auf Youtube und stelle ihn hier vor – inwieweit das Buch mehr Informationen bietet, kann ich noch nicht sagen, da ich noch nicht fertig bin damit.

Eine sehr spannende Geschichte – und ich frage mich, ob Teile davon eventuell als Inspiration für den Oscar-gekrönten Film „Das Leben der Anderen“ (2006) von Florian Henckel von Donnersmarck dienten.

Rodja

Wie man mit einer Schreibmaschine zeichnet…

Die Leserschaft meines Blogs hier weiß, dass ich immer wieder fasziniert bin, wenn ich auf Projekte stoße, die die Schreibmaschine in einem neuen Licht zeigt. Seien es nun tippende Straßenpoeten wie Sabine Magnet oder Anja Anmutend, Musiker wie das Boston Typewriter Orchestra oder der deutsche Schreibmaschinenmaler Robert Doerfler. Vor allem bei Letzterem frage ich mich immer wieder, wie man das macht? Zeichnen mit der Schreibmaschine?!? Keine Ahnung.

Auftritt Revolution_art_jme

Durch sorgfältige Recherche… äh… reinen Zufall bin ich dann auf Youtube über ein Video von Revolution_art_jme (kurz Rajme) gestolpert. (Anm.: Von Zeit zu Zeit suche ich auf Youtube nach Schreibmaschine und stelle bei Filter auf Uploaddatum, damit ich immer die neuesten Videos zu dem Thema angezeigt bekomme.)

Rajme ist eine Illustratorin und Kommunikationsdesignerin aus dem Norden von Deutschland. Sie betreibt auf Instagram und Youtube Kanäle, auf denen sie ihre Kunst und Maltechniken vorstellt.

© Revolution_art_jme

Inspiriert vom Schreibmaschinen-Künstler James Cook (wie Robert Doerfler, nur britisch halt), beschloss sie im Rahmen einer Challenge, das Zeichnen mit der Schreibmaschine zu lernen. Dafür benutzte sie eine Adler Junior 12 Schreibmaschine. Aber wie ihrem Video zu entnehmen ist, dürfte es bei einem Versuch geblieben sein, denn diese Kunst ist Rajme wohl doch zu anstrengend.

Ich finde ihr Video außergewöhnlich interessant, weil es nämlich eine quasi klassische Künstlerin zeigt, die sich einer – für sie – ungewohnten Aufgabe stellt. Wie sie da rangeht, sich Sachen überlegt – und obwohl die Schreibmaschinenkunst nicht ihrer Art des Arbeitens entspricht, liefert sie doch ein recht anschauliches Ergebnis ab. Respekt dafür. Das Ganze hat mir doch die Arbeitsweise etwas näher gebracht, wie man mit einer Schreibmaschine zeichnen kann. Und Respekt dafür, dass sie mit solchen Fingernägeln in die Tasten haut.

Ich frage mich, ob Robert Doerfler anders an diese Kunst herangegangen ist?

Rodja

INFO: https://www.instagram.com/revolution_art_jme_/; https://www.youtube.com/@revolution_art_jme

Ein Hoch auf den Bleistift

Der Bleistift ist auch auf diesem Blog kein Unbekannter. Schon der deutsche Journalist Thomas Kleschke hob in „Keine Schicht ohne Kumpel – Reportage mit Bleistift“ zu einem Lobgesang auf dieses graphithältige Schreibinstrument an. Auch ich mag den Schreibstift sehr, habe jahrelang Comics damit gezeichnet (und mit Füllfeder die Texte geschrieben). Etwas überrascht war ich, als Georg Mosler – seines Zeichens Geschäftsinhaber des renommierten Papierwarengeschäfts Miller – Büro & Schreibkultur seit 1866″ – sich ebenfalls als Fan des seit Jahrhunderten existierenden Schreibgeräts, dessen Anfänge sogar Jahrtausende zurückliegen, outete.

© Rodja Pavlik

Überrascht deswegen, weil ich in dem Geschäft genug Geld für Schreibmaschinen-Papier, Farbbänder, edle und/oder zweckmäßige Füllfedern und Tinten zurück gelassen habe. Aber Mosler schrieb einen sehr überzeugenden Bericht über seinen Sheaffer’s Minenbleistift. Und nun folgt Teil 2 seines Lobliedes, diesmal auf den „herkömmlichen“ Blei. (Der Fairness möchte ich darauf hinweisen, dass diese und andere Texte von Georg Mosler unentgeltliche Werbung beinhalten könnten.)

© Rodja Pavlik

Der Bleistift ist ein simples Schreibgerät, das seinen Dienst nie versagt. Egal, wie lange er vorher unbenutzt am Schreibtisch oder in einer Lade gelegen ist, egal, bei welcher Temperatur man ihn verwenden möchte und natürlich auch egal, in welcher Richtung man ihn hält. Er ist nie eingetrocknet und schreibt immer und sofort an.

Wer sich bisher über abgebrochene Spitzen geärgert hat, dem empfehle ich selbst bei so einfachen Dingen wie einem Bleistift auf gute Qualität zu achten. Mein persönlicher Favorit hierfür ist die US-Marke „Blackwing“. Das verwendete Zedernholz aus Kalifornien ist das beste, in das man eine Graphitmine betten kann. Vor allem, wenn diese einen gewissen Wachsanteil enthält, der sie sprichwörtlich „wie Butter“ über das Papier gleiten lässt. Nicht umsonst lautet das Motto von Blackwing „half the pressure, twice the speed“. Den Unterschied zu einem „herkömmlichen“ Bleistift, mit dem wir unsere Kinder in der ersten Klasse oft quälen, merkt man sofort.

© Rodja Pavlik

Um das gute Stück noch zu perfektionieren, hat er am Ende einen Radiergummi. Wer mehr radiert als schreibt, kann diesen selbstverständlich nachkaufen und auswechseln – sogar in unterschiedlichen Farben.

Noch unkomplizierter sind Minenbleistifte (umgangssprachlich auch „Druckbleistifte“ genannt), bei denen man sich naturgemäß das regelmäßige Spitzen erspart.
Wer außerdem nachhaltig denkt, vermeidet damit auch das ungute Gefühl, bei jedem Spitzvorgang etwas vom gespeicherten CO² freizusetzen.

Wichtig ist, dass der Minenhalter nicht zu dünn gewählt wird. Die Minenstärke sollte zumindest 0,7mm betragen, besser noch 0,9mm oder 1,4mm. Wahre „Genießer“ greifen wohl eher zu 2mm oder mehr, wobei es dann schon sehr in Richtung eines Zeichengerätes geht.

© Rodja Pavlik

Der einzige Nachteil, den ein Bleistift – egal welcher Art – wirklich hat, ist die Tatsache, dass er nicht dokumentenecht ist. Jeder kann das Geschriebene sehr leicht beseitigen und so die zu Papier gebrachten Gedankengänge für die Nachwelt vernichten.

Aber mal ehrlich: müssen unsere täglich Notizen und Kritzeleien tatsächlich die nächsten 100 Jahre überdauern? Da reicht es doch auch, wenn sich unsere Erben einmal über unseren schönen Minenstift freuen dürfen – der auch dann noch seinen Dienst, ganz ohne zu zögern, verrichten wird.

Georg Mosler

INFO: Miller – Büro & Schreibkultur seit 1866, Mariahilfer Straße 93, A-1060 Wien, https://schreibkultur.at/

Unsichtbares sichtbar machen

Das hätte ich mir auch nie gedacht, dass ich für diesen Blog mal auf aktuelles wissenschaftliches Material zurückgreifen würde. But you know… sometimes truth is stranger than fiction…


Timo Frühwirth und Sandra Mayer sind Literaturhistoriker an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) . Zurzeit arbeiten sie an einer digitalen Edition des Briefwechsels des in Österreich verstorbenen und begrabenen britischen-amerikanischen Autors W. H. Auden ( 1907 – 1973) mit der walisisch-österreichischen Schriftstellerin und Journalistin Stella Musulin. Dabei fielen ihnen zwei getippte Dokumente auf, auf denen zusätzlich farblose Schreibmaschineneindrücke zu sehen waren. Durch den Einsatz von Computer-Vision-Technologien konnte nun eine bis dato unbekannte Version eines Gedichtes von W.H. Auden rekonstruiert werden.

Das bisher unsichtbare Gedicht wurde in Form von farblosen Abdrücken, verursacht von einer Schreibmaschine, entdeckt. © ÖAW/Daniel Hinterramskogler

Dabei arbeiteten die ÖAW-Literaturhistorikern mit der Technischen Universtität Wien (TU Wien) zusammen. Angewandt wurde dabei eine Technik, „die bereits im Bereich des kulturellen Erbes angewandt wird, etwa, um Reliefe auf der Rückseite etruskischer Spiegel sichtbar zu machen“, erklärt Timo Frühwirth in einer Aussendung des ÖAW: „Diese Technologie wurde aber noch nie auf literarische Archivpapiere aus dem 20. Jahrhundert umgelegt. Was die Entzifferung kompliziert machte, war, dass Auden das Trägerblatt mit den eingepressten Versen mit einem wiederum anderen literarischen Text überschrieben hat. Es gibt also mehrere, einander überlagernde Schichten – weshalb die Schrift mit freiem Auge nicht entzifferbar ist.“

Wie konnte man den Text jetzt doch lesbar machen? „In einer großen Zahl von Einzelaufnahmen wurde das Blatt jeweils aus einem anderen Winkel beleuchtet – mit Streiflicht, einer Methode, die auch in der Forensik Anwendung findet, um Oberflächenstrukturen sichtbar zu machen. Von unserem Kooperationspartner Simon Brenner, vom Computer Vision Lab der TU Wien, wurde daraus mathematisch ein 3D-Oberflächenmodell erstellt“, so Frühwirth.

Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe (und wie man das auch dem Video bzw. dem Foto entnehmen kann), liegt das Blatt unter einer Kuppel von mehreren Lichtschienen. Das Licht „wandert“ dann die Schienen von der einen Seite rauf und auf der anderen Seite runter – und von jeder Position wird dann das Blatt von einem anderen Winkel aus fotografiert. Da das Getippte auf einem Blatt mehr oder weniger sichtbare Abdrucke hinterlassen hat, wirft dann auch das wandernde Licht in diesen Abdrucken Schatten.

Simon Brenner vom Computer Vision Lab der TU Wien machte das Gedicht sichtbar.
© ÖAW/Daniel Hinterramskogler

Aber wie kamen diese Zeichen (eher: farblose Abdrucke) auf das Papier? Wer nun – wie ich anfangs – hoffte, dass da absichtlich irgendwelche geheimen Nachrichten verewigt wurden, wird enttäuscht. Wenn Schreibmaschinisten tippen, spannen sie ja zusätzlich noch zwei, drei Blätter ein (ich benutze z.B. ein dickes Büttenpapier), damit die Typenhebel „weicher“ aufschlagen. Dadurch verschmiert die Schrift weniger und das Papier läuft auch weniger Gefahr, durchlöchert zu werden.

W.H. Auden hat nun diese Unterlags-Blätter, die ja noch immer weiß (aber irgendwie trotzdem beschrieben) waren, halt wiederverwendet.

ÖAW-Literaturhistoriker:innen Sandra Mayer und Timo Frühwirth entdeckten das bisher unsichtbare Auden-Gedicht. © ÖAW/Daniel Hinterramskogler

Das Textfundstück ist ein Hochzeitsgedicht, das Auden anlässlich der Vermählung seiner Nichte Rita 1965 verfasst hat. „Aus Tagebucheinträgen schließen wir, dass es sich um die erste Version handelt, die er auf der Schreibmaschine getippt hat. Seine Notizen hatte er zunächst mit dem Bleistift geschrieben. Wir können dadurch literaturwissenschaftlich analysieren, in welcher Weise Auden poetisch gearbeitet hat“, so Mayer in der ÖAW-Aussendung. „Ich gehe davon aus, dass wir bei Auden weitere solche Blätter entdecken werden. Aber auch in Hinblick auf andere Autorinnen und Autoren ist das ein wichtiger Ansatz, um ihre Arbeitsweise besser zu verstehen.“

Aber wenn sie hier den Durchdruck haben… könnte das nicht auch bedeuten, dass vielleicht irgendwo doch noch das Original zu finden ist? Ich finde das auf jeden Fall eine äußerst spannende Geschichte – und ich kann mir vorstellen, dass ich das sowie die Entdeckungsweise irgendwann einmal für einen Krimi oder einen Horrorroman verwenden könnte.

Rodja

INFO: Artikel auf der Homepage des ÖAW: Unsichtbares Gedicht von W.H. Auden rekonstruiert

Ein von der Schreibmaschine inspiriertes Keyboard – wieder einmal

Keyboards müssen nicht schön ausschauen, Hauptsache, sie funktionieren gut. Doch manche haben noch zusätzlich das gewisse Etwas. Einige haben auch eine gewisse Ähnlichkeit mit ihren Vorgängern, den mechanischen Schreibmaschinen. Das bekannteste Modell davon ist wohl der QWERKYwriter, über den hier schon mehrmals – beginnend 2015 – berichtet wurde.

Der QWERKYwriter löste eine kleine Lawine ähnlicher, von der Schreibmaschine inspirierter Keyboards aus. Ein weiteres Modell ist der Penna, über den hier auch 2017 berichtet wurde, und von dem es sogar einen Erfahrungsbericht von Martin Kellner gibt. (Aus verschiedenen Gründen entschied ich mich auch für den Penna – aber bei mir hat das Keyboard – anders als bei Martin – NIE funktioniert. Bei meiner Recherche auf Youtube stieß ich auch auf andere User, die mein Schicksal teilten – und die Unterstützung von Penna hierbei war endend wollend.) Sowohl der QWERKYwriter als auch der Penna wurden über Crowdfunding-Aktionen ermöglicht.

Mittlerweile gibt es unzählige Schreibmaschinen-Computertastaturen, die – mal mehr, mal weniger – eben einer Schreibmaschine ähneln. Es wird mit chrom-blitzenden Tasten geworben, einer mechanischen Tastatur, die ein schönes Klickety-Klackety von sich gibt, mal mit Zeilenschalthebeln oder „Fake“-Walzenknöpfen, mit denen man auf dem Computerbildschirm im Text rauf- und runterscrollen kann. Dennoch ist trotzdem die Ähnlichkeit mit einer 08/15-Tastatur mehr gegeben als mit einer Schreibmaschine.

Anscheinend will das der Kanadier Colin Renaud das mit seinem Anachronic Standard-Keyboard ändern. Und ich muss echt sagen, ich bin sehr beeindruckt – auf den ersten Blick könnte man das Keyboard tatsächlich für eine Remington Portable halten. Renaud hat nun auf Kickstarter eine Kampagne für sein Anachronic Standard-Keyboard gestartet. Bis zum 13. September 2023 soll ein Betrag von 5.000 kanadischen Dollar (umgerechnet 3.432 €) zusammenkommen, dann wird mit der Produktion gestartet.

© Colin Renaud

Im regulären Handel soll das Keyboard dann 400 $ (sonst steht überall kanadische Dollar, nur hier nicht – kann also nicht sagen, ob es kan. $ oder US-$ sind) kosten, für Backer gibt es bereits ab 333 kan. $ so ein nummeriertes Keyboard mit USB C. Mit Bluetooth und USB C wird es dann ein wenig teurer. Als Backer kann man sich aber zum Beispiel auch nur die gläsernen Tasten bestellen. Und bei manchen Perks gibt es sogar einen von Hand getippten Brief von Colin Renaud als Dankeschön.

So eine Tastatur reizt mich nach dem Reinfall mit Penna zwar momentan grad überhaupt nicht. Ich habe von Razer so ein mechanisches Keyboard mit USB-Anschluss – und das Klickety-Klackety reicht mir vollkommen, um am Computer zu arbeiten. Ich muss aber anerkennen, dass das Anachronic Standard wirklich toll aussieht. Vor allem ist es definitiv das Keyboard, das einer Schreibmaschine am ähnlichsten ist.

© Colin Renaud

Mit einem Walzenknopf kann man tatsächlich ein Blatt Papier einspannen, mit dem anderen scrollt man am Computerbildschirm rauf und runter. Und der kleine silberne Hebel links hinten ist – wie bei der Remington Portable – tatsächlich für die Zeilenschaltung. Allerdings mag ich den da hinten sitzenden Zeilenschalthebel beim Original auch nicht besonders.

Unter dem Plastikgebinde, das den Typenkorb simuliert, befindet sich standardmäßig ein Touchpad, auf Wunsch kann man sich aber auch für einen Stauraum mit einer Computermaus entscheiden (was meine Wahl wäre – ich hasse Touchpads).

Ich drücke Colin Renaud die Daumen, dass er das Kampagnenziel erreichen möge. Etwas Abwechslung tut den standardisierten Keyboards gut.

Rodja

INFO: Anachronic Standard-Kampagne: kickstarter.com/projects/phrism/anachronic-standard-typewriter-styled-mechanical-keyboard

Georg schreibt mit einem Sheaffer

Heute dürfen die Schreibmaschinisten einen Gastautoren begrüßen, der sich leidenschaftlich und auch berufsbedingt mit Schreibwaren besonders gut auskennt. Georg Mosler ist der Inhaber des renommierten Schreibwarengeschäfts „Miller – Büro & Schreibkultur seit 1866“ auf der Mariahilfer Straße. (Der Fairness möchte ich darauf hinweisen, dass diese und andere Artikel von Georg Mosler unbezahlte Werbung beinhalten könnten.)

Wenn man an ein traditionsreiches Schreibwarengeschäft denkt, hat man eigentlich meistens edle Papiersachen, Tintenfässer und Füllhalter mit mindestens Goldfedern vor dem Auge. Und das trifft auch auf den „Miller“ zu (keine Angst, es gibt auch was fürs schmale Geldbörserl – und außerdem Farbbänder für Schreibmaschinen). Wenn man aber Georg fragt, was DAS Schreibutensil seiner Wahl ist, dann ist die Antwort… ein Minenbleistift!

Miller Büro & Schreibkultur

„Meinen“ Minenbleistift entdeckte ich per Zufall vor vielen Jahren bei einem US-Aufenthalt in Texas in einem „Schreibwarengeschäft“ – oder zumindest dem, was Amerikaner darunter verstehen. Besagtes Geschäft betrat ich aus reiner Neugier, um mich ein wenig umzusehen. Das mache ich natürlich bei jeder Gelegenheit, die sich mir bietet – in welchem Land und auf welchem Kontinent auch immer. Als Inhaber des ältesten Geschäftes der Mariahilfer Straße – noch dazu inzwischen in der fünften Generation – bin ich ja sozusagen „genetisch“ vorbelastet.

Aber zurück nach Texas in den eher unspektakulären Laden mit der sehr überschaubaren Vitrine, in der sich ziemlich uninteressante Kugelschreiber neben ein paar Füllern langweilten. In der untersten Reihe fiel mir dann allerdings doch ein ganz besonderes Schreibgerät auf. Und zwar nicht nur wegen seiner dicken Staubschicht, sondern weil es farblich und auch in der Form so gar nicht zu den anderen Exponaten passte.

Miller Büro & Schreibkultur

„Meine Entdeckung“ stellte sich als Minenstift der traditionsreichen Marke „Sheaffer“ heraus und muss wohl aus den Anfängen des Unternehmens stammen, da er noch keinen weißen Punkt hat – dem, ab den 1920er Jahren typischen, Markenzeichen.

Der Schaft mit einer langen Spitze beginnend, dann ganz gerade und schlicht – ohne jede unnötige Verzierung – am Ende leicht ausladend, sodass er dort gut zu fassen ist. Das Material ist ein echter Handschmeichler und erinnert farblich an eine dunkelgrüne Olive mit interessanten hellgrünen bis weißen Einschlüssen. Die feine Spitze wie auch der elegante Clip und das leicht erhabene Schaftende sind vergoldet, was die angenehm warme Haptik des Materials auch optisch unterstreicht.

Das wirklich Tolle ist jedoch seine geniale Minenstärke von 1,18mm, wie sie früher sehr gebräuchlich war. Zu dick, um bei jedem Start sofort abzubrechen, aber dennoch dünn genug, um die Strichstärke gut lesbar zu halten. Heute werden Minenstifte dieser Stärke nur mehr von der englischen Manufaktur Yard-o-Led produziert.

Miller Büro & Schreibkultur

Da die Verkäuferin wohl nicht so recht wusste, was sie da in der Vitrine liegen hatte, waren wir uns schnell über den Abverkaufspreis einig, und ich war stolzer Besitzer eines echten Oldie-Schnäppchens.

Seither schreibe ich täglich mit meinem Sheaffer Minenstift und freue mich jedes Mal darüber, dass dieses wunderbare Schreibgerät nach mehr als 100 Jahren immer noch einwandfrei funktioniert. Welches Produkt aus heutigen Tagen kann DAS schon von sich behaupten???

Georg Mosler

Wie funktioniert eine Schreibmaschine?

Featuring more metal parts than a Terminator robot, but using exactly zero electricity, this mechanical typewriter is a wonder from recent history!

Animagraffs

Die Brüder Jake und Wesley O’Neal betreiben die Site Animagraffs, auf der sie Youtube-Erklärvideos posten, die sie selbst erstellt haben. Mittels der freien Open-Source-Software Blender erklären sie mit Grafiken und animierten Videos, wie z.B. das Auge, eine Pistole, ein Kampfflugzeug aus dem Zweiten Weltkrieg, ein Schlachtschiff aus dem 18. Jahrhundert oder eben auch Michael Jacksons Moonwalk funktionieren.

Brandneu auf ihrem Youtube-Channel (und noch nicht auf ihrer Site sichtbar) ist gerade das Video „How a Mechanical Typewriter Works“ erschienen. Mit knapp über 22 Minuten Länge zeugt das englischsprachige Video, dass da richtig viel Recherchearbeit darin steckt. Und jetzt kann ich wenigstens lernen, wie die einzelnen Teile auf Englisch heißen.

Wen solche Videos interessieren und wer die beiden Brüder unterstützen will, kann das über Patreon machen.

Rodja

PS: Wenn ich mir so ihre oben angeführte Behauptung zur Schreibmaschine zu Gemüte führe, frage ich mich natürlich, wann ein „How a Terminator Works“ erscheint…

DkG „Uncommon Type“ abgeschlossen

Das Gewinnspiel für März 2023 (Infos dazu hier) ist abgeschlossen. Die richtige Antwort lautet:

„California Typewriter“

And the winner is: Manuel Schittenhelm. Herzliche Gratulation.

Das Buch „Uncommon Type – some stories“ von Tom Hanks wird innerhalb der nächsten Woche zugeschickt.

Das Ganze findet unter Ausschluss des Rechtsweges statt. Preise, die auf dem Postweg verloren gehen, können leider nicht ersetzt werden. Die Daten der Einsender werden gelöscht.

Rodja

Mit der Schreibmaschine zum Buch: „Des Teufels Gebet“ von Patrick Haischberger

Patrick Haischberger hat hier bereits einmal über seine Liebe zur Schreibmaschine geschrieben. Nun hat der österreichische Filmemacher (u.a. Stephen-King-Adaption „Rainy Season“) mit „Des Teufels Gebet“ eine vierteilige Kurzgeschichten-Anthologie beim deutschen Verlag Redrum herausgebracht. Das Buch kann man als E-Book für Kindle oder auch als Taschenbuch beim Buchhändler seines/ihres Vertrauens bestellen.

© Redrum Verlag

Warum ich das Buch hier vorstelle? Nun, das Cover mit der Schreibmaschine passt ja selbstredend zum Blog. Aber nicht nur das: Auf Anfrage verriet Patrick Haischberger, dass er das Buch tatsächlich auch auf der Schreibmaschine getippt hat. „Ich habe die erste Fassung von ‚Des Teufels Gebet‘ mit meiner schwarzen ICO Olivetti aus den 1930er Jahren geschrieben. Der kreative Schaffensprozess findet bei mir mittlerweile nur noch auf der Schreibmaschine statt. Diese sind künstlerisch für mich so essenziell wie die Luft zum Atmen“, erzählte der Schriftsteller aus Bad Ischl auf Anfrage.


Inhalt laut Verlag: Werden Sie Zeuge, wie eine Familie um ihr verstorbenes Kind trauert, der Vater es aber immer noch im Maisfeld umherstreifen sieht. Nehmen Sie an einem Campingurlaub teil, in einem Wald, wo in der Vergangenheit illegale Experimente in einer Nervenheilanstalt stattfanden. Begleiten Sie einen Priester auf eine Reise zu sich selbst und dem Bösen, was er damit entfesseln wird. Und philosophieren Sie über die kürzeste Geschichte der Welt.

Mit einem Nachwort des Autors zur Entstehung jeder einzelnen Geschichte.


In Zeiten von Laptop, Internet, Cloud & Co. mutet es natürlich herrlich antiquiert an, sein Werk auf Schreibmaschine zu tippen. Doch Haischberger weiß auch um die Krux dieser multimedialen Arbeitsgeräte: „Ein Buch zu schreiben bedeutet in erster Linie volle Konzentration auf den Text. Da wirkt es verlockend, bei einer kleinen Schreibblockade sofort die E-Mails zu überprüfen, Videos zu schauen oder sich anderweitig abzulenken.“

Der Oberösterreicher weiß auch die Einmaligkeit dieser Herangehensweise zu schätzen: „Zwischen dem Geschriebenen und dem Schreibenden liegen nur die Tasten. Dies reduziert das Ganze auf das Wesentliche: Den Text. Und der ist jedes Mal etwas Einzigartiges. Da man forensisch jedes auf einer Schreibmaschine geschriebene Blatt der jeweiligen Maschine zuordnen kann, kann man relativ sicher sein, dass ein Schriftstück von einer mechanischen Schreibmaschine ein Unikat ist.“

© Patrick Haischberger

Es ist wohl ein Wink des Schicksals, dass das Skript des Stephen-King-Fans Haischberger bei einem Verlag erscheint, dessen Name „Redrum“ wohl eine Anspielung auf den Horrorroman „Shining“ von Stephen King ist. „Ich habe nach einem Verlag gesucht der in Richtung Horrorgenre geht – und der Name des Verlages war dann natürlich Programm. Sie vertreiben auch Stephen King (Anmerkung: U.a. „Der Fluch“ und „Menschenjagd“, die King unter dem Pseudonym Richard Bachman schrieb.), was für mich dann ausschlaggebend war. Ich hab also mein Manuskript bei ihnen eingereicht und zum Glück hat es geklappt“, so Haischberger abschließend.

Rodja